25. März 2024
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Am 26. Februar kündigte Wirtschaftsminister Robert Habeck zusammen mit Ottmar Edenhofer, dem Direktor des Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, in einem Video des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) eine Gesetzesinitiative zur Speicherung von Kohlenstoffdioxid an (Quelle: BMWK). Dieses, als CCS (Carbon Capture and Storage) bezeichnete Verfahren zur Abscheidung und Speicherung von CO2 im Untergrund, wird von Edenhofer als unabdingbar zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2040 angesehen.

Was verbirgt sich hinter der Bezeichnung CCS und warum ist CCS nach Ansicht von Experten nötig? Das soll in diesem Beitrag geklärt werden. Am Schluss findet ihr Links zum genannten Video, zum Umweltbundesamt sowie zu einer Bürgerinitiative gegen CCS in Schleswig-Holstein.

CO2 – Entstehung und Speicherung

Kohlenstoffdioxid wird bei vielen Prozessen in die Atmosphäre emittiert. Da ist zunächst die Verbrennung von Kohlenstoffverbindungen, die sowohl in fossilen Brennstoffen wie den Destillationsprodukten von Erdöl (z. B. Heizöl, Diesel, Benzin) und Erdgas als auch Holz und Kunststoffen vorkommen. CO2 entsteht aber auch bei der Verhüttung von Eisen oder anderen Metallen und – nicht zuletzt – bei der Zementherstellung. Auch bei verschiedenen Prozessen der chemischen Industrie entsteht CO2.

Die Forderung, CO2 erst gar nicht entstehen zu lassen, ist in unserer industriellen Welt abwegig. Eine Reduktion ist notwendig, jedoch nur bedingt zu erreichen. Ottmar Edenhofer spricht in dem oben erwähnten Interview von ca. 50 Millionen Tonnen CO2, die unabhängig von einer Verminderung des CO2-Ausstoßes gespeichert werden müssen, um die Klimaziele zu erreichen.

Das Einbringen von CO2 in den Untergrund wurde zu Beginn der 2000er Jahre in Ketzin in Brandenburg erprobt (Quelle). Die beteiligten Wissenschaftler sprachen später von einem Erfolg, es sei kein CO2 nach der Speicherung ausgetreten und Umweltschäden seien nicht festgestellt worden.

Trotzdem halten viele Menschen die Risiken dieser neuen Technologie für zu groß (Quelle). Da nach intensiven Diskussionen und Bürgerprotesten die Speicherung von CO2 in Gesteinsschichten unter dem Festland per Gesetz untersagt wurde, bleibt nur noch die Alternative, das CO2 unter dem Meeresboden zu speichern. Die Speicherung von CO2 im Meeresboden unter der Nordsee in alten Erdgasspeichern wird von Norwegen bereits in großem Maßstab durchgeführt. Man könne dann auch „durch Blubbern“ sehen, wenn Kohlenstoffdioxid austräte, sagte eine Wissenschaftlerin im Interview (Quelle).

Geologie der Speicher

Um das aus dem Abgas abgetrennte Kohlenstoffdioxid im Boden speichern zu können, sind bestimmte geologische Gegebenheiten erforderlich. Als Speicher können z. B. ehemalige Erdöl- und Erdgasspeichergesteine oder saline Aquifere dienen. Hierbei handelt es sich um unterirdische Sandsteinschichten, deren Poren wie ein Schwamm wirken können. In den Poren der salinen Aquifere fließt salzhaltiges Wasser. Die salinen Aquifere sind von undurchlässigen Tonschichten umschlossen. CO2 kann sich im Salzwasser lösen und reagiert im Laufe der Zeit zu unlöslichen Verbindungen (Carbonaten) (siehe auch Elemente Chemie, Oberstufe). Als Problem sehen Kritiker unter anderem durch die notwendigen Tiefenbohrungen die Gefahr von Erdbeben oder Bodensenkungen, wie sie z. B. beim Fracking (eine besondere Art der Erdölförderung) oder in der Geothermie vorkommen können (Quelle).

Wer braucht CSS?

Wie oben erwähnt, entsteht Kohlenstoffdioxid bei verschiedenen industriellen Prozessen.
Bei der Herstellung von Zement wird in großen Drehrohröfen Kalkstein hoch erhitzt („gebrannt“). Der dabei entstehende Branntkalk ist ein wesentlicher Bestandteil des Zements. Beim Erhitzen wird aus Calciumcarbonat (Kalkstein) Calciumoxid (Branntkalk) und Kohlenstoffdioxid gebildet.

CaCO3  ->  CaO  +  CO2

Das entstandene CO2 kann mit verschiedenen Verfahren abgetrennt werden und entweder durch Pipelines oder nach der Verflüssigung mit Tankfahrzeugen zur Speicherung gebracht werden. Man kann sich vorstellen, dass das ein sehr energieintensives Verfahren ist. Bis heute ist jedoch kein anderer technischer Prozess bekannt, der ohne CO2-Freisetzung auskommen würde. Nach der Auffassung von Experten gibt es daher keine Alternative zur Speicherung, wenn man die Zementherstellung CO2-neutral gestalten will.

Die Verhüttung von Eisenerz erfolgt seit der Entdeckung der Eisenerzeugung mithilfe von Kohle. In der Frühzeit verwendete man Holzkohle, im industriellen Zeitalter Koks, den man aus Steinkohle gewinnt. Im Hochofen wird Eisenerz (Eisenoxid) mit Koks geschichtet. Nach der Zündung verbrennt Koks unter den gegebenen Bedingungen zu Kohlenstoffmonooxid, das dann das Eisenoxid zu Eisen reduziert. Dabei entsteht Kohlenstoffdioxid.

2 C  +  O2  –>  2 CO

Fe2O3  + 3 CO  –>  2 Fe  +  3 CO2

Auch hier kann das entstandene Kohlenstoffdioxid abgetrennt werden und wie oben der Speicherung zugeführt werden. Auch dieses Verfahren ist energieintensiv.
Allerdings gibt es bei der Erzeugung von Eisen eine Alternative: die Direktreduktion mit Wasserstoff. Man will in der Zukunft Eisenerz mit Wasserstoff, den man mithilfe erneuerbarer Energiequellen erzeugt, zu Eisen reduzieren. Auch dieses Verfahren ist insgesamt energieintensiv, durch den Einsatz erneuerbarer Energiequellen jedoch klimaneutral.

Fe2O3  + 3 H2  –>  2 Fe  +  3 H2O

Kohlenstoffdioxid aus der Luft abzutrennen ist sehr aufwändig und ebenfalls sehr energieintensiv. Ein Schweizer Start up (Climeworks) filtert CO2 aus der Luft, entnimmt ihr aber mit diesem „Direct Air Capture“ genannten Verfahren lediglich 4000 Tonnen CO2 pro Jahr. Die Anlage namens Orca steht in Island, das entnommene CO2 wird dort direkt im Boden gespeichert (Quelle).

Man sieht, das Problem der Reduzierung von Kohlenstoffdioxid-Emissionen wird uns noch lange beschäftigen. Die Anfang der 2000er-Jahre so heftig geführte Diskussion um die CO2-Speicherung flammt gerade erst wieder auf und eignet sich deshalb als aktuelles Thema für den Unterricht.

Material für den Unterricht

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Im Kapitel 15 „Globale Kreisläufe und Umweltchemie“ findet ihr mehr zum Thema Kohlenstoffdioxid. Daneben werden u. a. auch die für Nachhaltigkeit relevanten Bereiche Treibhauseffekt und Belastung der Umwelt durch Nitrate und Phosphate behandelt.

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